Die aktuellen Ausschreitungen zeigen, wie zerbrechlich die gesellschaftliche Situation in Südafrika ist
Mittlerweile haben sich die Problemlagen, zumindest teilweise, wieder beruhigt: Die Supermärkte sind aufgeräumt und wieder mit Waren gefüllt. Denn hinter den Ketten stehen große Aktiengesellschaften. Schwieriger ist es für die kleinen Läden und Händler:innen, die Regierung hat aber versprochen, ihnen unter die Arme zu greifen.
Seit einer Woche befindet sich Südafrika, trotz Höchststände der Infektionsraten, wieder im Level 3. Das heißt, dass die Ausgangssperre gelockert wurde, Alkohol darf wieder verkauft werden und es dürfen sich 50 Personen in Innenräumen treffen. So können auch wieder Gottesdienste gefeiert werden – und diese sind entscheidend für das Gemeindeleben und die finanzielle Absicherung der Kirche. Es gibt ja keine Kirchensteuern.
Wirtschaftlich ist die Lage aber nach wie vor sehr schwierig: Die allgemeine Arbeitslosigkeit liegt bei fast 40 %, bei jungen Menschen bis 30 Jahren sogar bei fast 2/3 der Altersgruppe. Die internationalen Bewertungsgesellschaften stufen Südafrika stetig ab.
Und auch politisch befindet sich Südafrika nach wie vor in einer schweren Krise: Die Korruption zerstört weiterhin die Hoffnung auf Wege aus der Krise. Der ANC steht nach wie vor vor einer Spaltung, die Haltung der Zuma-Anhänger:innen ist immer noch auf Widerstand ausgerichtet. Manche junge Menschen hoffen auf einen Bürger:innenkrieg, um so einen harten Schnitt und einen Neuanfang zu erreichen. Aber die schlimmen Ausschreitungen im Juli haben auch deutlich gemacht, dass so ein Bürger:innenkrieg vor allem die Ärmsten beschädigt.
Sybil Chetty, Pastorin und vielen durch ihren 4-jährigen Aufenthalt in Osnabrück bekannt, schreibt von Demonstrationen am Wochenende (31.07./01.08.), in denen die Demonstrant:innen unter anderem skandiert haben: „One Indian – one bullet!“ (Ein:e Inder:in, eine Kugel). Die Regenbogennation Südafrikas, die alle Bevölkerungsgruppen gleichberechtigt behandeln will, wird sich sehr klug auf ihren Anspruch besinnen müssen.
Wir wollen die südafrikanische Nation und unsere christlichen Partner:innen begleiten und nicht die Hoffnung aufgeben, dass das Land verloren ist…